Dieser Titel ist ab Juni 2023 unter der Lizenz CC-BY-NC-ND 4.0 im Open Access verfügbar. | This book is open access under a CC-BY-NC-ND 4.0 license starting in June 2023.
Menschliche Gesellschaften erzeugen permanent Abfälle. Dessen Beseitigung ist daher zu jeder Zeit ein aktuelles Problem – und als solches immer auch eng mit den jeweils vorherrschenden wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschafts-politischen Kontexten verknüpft. Die Geschichte der Berliner Stadtreinigung, der sich Sören Flachowsky hier von 1871 bis Mitte der 50er Jahre widmet, beweist dies.
Den Schwerpunkt der von der BSR selbst angestoßenen Untersuchung bildet die Zeit des Nationalsozialismus: Inwieweit war die Berliner Stadtreinigung mit dem NS-Regime verflochten? In welchem Ausmaß war sie in das System des Zwangsarbeitereinsatzes eingebunden? Wie wirkten sich Zweckrationalität der „Heimatfront“ und die angestrebte autarke Kriegswirtschaft aus?
Neben institutionen- und sozialgeschichtlichen Aspekten stehen auch kommunal-, wirtschafts- und umweltpolitische Fragestellungen im Fokus. Darüber hinaus gibt Flachowsky auf breiter empirischer Grundlage erstmals Auskunft über die politische Disposition der Angestellten und Arbeiter eines Berliner Kommunalunternehmens.
Dieses Buch enthält 5 s/w Abb., 139 s/w Fotos und 100 s/w Tab.
Der Autor
Dr. Sören Flachowsky, geb. 1971, Studium der Geschichte, Bibliotheks- und Dokumentationswissenschaften an der HU Berlin, 2005 Promotion an der HU-Berlin, seit 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung (IZWT) der Universität Wuppertal. Forschungsschwerpunkte: Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsgeschichte mit Schwerpunkt Nationalsozialismus.
Drei Fragen an Sören Flachowsky
Wie kam das Forschungsprojekt zustande?
Die Impulse für das Projekt gehen auf die Berliner Stadtreinigung (BSR) zurück, die ihre Existenz in der NS-Zeit im Rahmen einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme hinterfragen wollte. Die Folge war eine öffentliche Ausschreibung der BSR, auf die sich die Humboldt-Universität zu Berlin (Prof. Dr. Michael Wildt als Projektleiter, ich als Bearbeiter und die Humboldt-Innovation GmbH als Projektverwaltungsinstanz) erfolgreich bewarb.
In einem Satz: Wie schmutzig war die „Weste“ der Stadtreinigung zu NS-Zeiten?
Die Weste der Berliner Stadtreinigung wies zahlreiche braune Flecken auf, womit sie sich jedoch nicht von anderen Unternehmen und Behörden während der NS-Zeit unterschied. Auch hier kam es zu Verfolgung und Ausgrenzung missliebiger Personen, zum Einsatz von Zwangsarbeitern und einer weitreichenden Selbstmobilisierung für die Rüstungsbemühungen des NS-Regimes.
Wo sehen Sie weiteren Forschungsbedarf?
Forschungsdesiderate sehe ich im Hinblick auf die Rolle von Kommunen und Kommunalbetrieben in der NS-Zeit, womit sich zwangsläufig auch die Frage nach den Beziehungen von Infrastrukturdienstleistern und Daseinsvorsorgebetrieben mit der politischen Sphäre stellt.